Staatshaushalt

Wir. Streichen. Alles.

Eine ökonomische Anleitung zum radikalen Förderstopp

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Umsatzsteuerreform: Neun Milliarden Euro Entlastung pro Jahr

Man könnte sich das Leben leicht machen und die reduzierten Umsatzsteuersätze von zehn und 13 Prozent einfach gleich wieder einführen. Das weiße Blatt, auf dem ja so manche direkte Förderung schon wieder Platz gefunden hat, würde sich also weiter füllen. Interessanter wäre aber eine umfassende Umsatzsteuerreform. Man könnte zum Beispiel radikal auf einen Einheitssteuersatz von 16 Prozent umstellen und die reduzierten Steuersätze einfach entfallen lassen. Auf diese Weise hätte die geschätzte Entlastung bei der Umsatzsteuer im Jahr 2024 bei fast neun Milliarden Euro gelegen; ganz ohne Förderung.

Auch diese Maßnahme entlastet natürlich solche Haushalte, die mehr konsumieren, absolut stärker.[1] Im Durchschnitt könnte die Maßnahme aber sogar eine etwas größere Erleichterung bringen als bisher; die effektive Umsatzsteuerbelastung liegt in Österreich nämlich derzeit bei 16,5 Prozent.[2] Was die meisten für Lebensmittel und Wohnen mehr zahlen müssten wenn die ermäßigten Sätze wegfallen würden, hätten sie beim Konsum anderer Kategorien schnell wieder hereingeholt. Profitiert wird aber natürlich dort stärker, wo die Belastung zuvor höher war.

Verteilungsfragen

Wer hat mitgerechnet? Wenn wir indirekte Förderungen im Umfang von 27 Milliarden Euro streichen und dann bei der Einkommensteuer um 14 Milliarden und bei der Umsatzsteuer um neun Milliarden Euro entlasten, dann bleiben vier Milliarden Euro übrig. Das trifft sich gut. Wir brauchen nämlich – wie bei den direkten Förderungen – auch hier noch etwas Verteilungsmasse.

Denn verteilungspolitisch gibt es nichts zu beschönigen: Die vorgeschlagene Reform würde die Ungleichheit in Österreich erhöhen. Es ist zwar nicht generell so, dass die wegfallenden Förderungen in erster Linie einkommensschwächeren Haushalten zugutekommen würden; oft ist das Gegenteil der Fall. Die nun beschlossene Erhöhung der Pendlerförderung erreicht zum Beispiel vor allem Haushalte in den höheren Einkommensklassen.[3] Auch eine Streichung des Familienbonus Plus würde die Ungleichheit kaum erhöhen, da er nur weiter oben in der Einkommenspyramide voll genutzt werden kann, während man weiter unten gar nicht genug Steuern zahlt, um den vollen Absetzbetrag von bis zu 2.000 Euro pro Jahr ausschöpfen zu können. Ähnlich ist es beim Pensionistenabsetzbetrag; in beiden Fällen gewährt der Gesetzgeber daher im unteren Einkommensbereich einigermaßen hilflose Zuschläge, damit dort auch etwas an „Entlastung“ ankommt. Der Wegfall der reduzierten Umsatzsteuersätze auf Lebensmittel wäre aber für einkommensschwache Haushalte jedenfalls nachteilig, da sie einen höheren Anteil ihres Einkommens dafür ausgeben. Eindeutig regressiv würde auch der Wegfall der Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen (SV-Rückerstattung) für Pensionisten und Arbeitnehmer wirken. Und dazu kommt dann noch unsere zweistufige Flat Tax, die zwar an sich progressiv ist, aber eben regressiver wirkt als der derzeitige Steuertarif. Das muss sie, weil die steile Progression in der Mitte des Steuertarifs ja gerade das Problem ist, das sie heilen will.

Wer nun das Lied vom sozialen Kahlschlag anstimmen will, sollte die Flöte besser gleich wieder einpacken. Wir haben es in Österreich schließlich mit einem der größten Sozialstaaten der Welt zu tun.[4] Selbst wenn alle indirekten Förderungen im Bereich der Einkommensteuer eine sozialpolitische Funktion hätten – was nicht einmal ansatzweise der Fall ist! –, würden wir nach ihrer Streichung noch im absoluten Spitzenfeld landen; meilenweit vor Wohlfahrtsstaaten wie Schweden oder Dänemark. Und schließlich war Leben in Österreich auch vor der Einführung des Familienbonus Plus im Jahr 2019 oder der SV-Rückerstattung für Geringverdiener im Jahr 2016 möglich, nicht wahr?

Und doch haben wir nun noch vier Milliarden Euro frei – die wir nicht dem Finanzminister überantworten können, weil dann die Abgabenquote noch weiter steigen würde. Sie sollen dazu dienen, soziale Härten, die aus dieser Reform folgen, abzufedern. Damit könnte man zum Beispiel einen Teil der Familienförderung wieder einführen. Auch ein reduzierter Umsatzsteuersatz auf bestimmte Güter wäre denkbar, um Nachteile für einkommensschwache Haushalte auszugleichen. Ebenso wäre die Forschungsprämie wieder eine Überlegung wert. Die Unternehmen sind ihre größten Fans, da sie vergleichsweise unbürokratisch ist und keine brisanten Informationen gegenüber einem Fördergeber offengelegt werden müssen. Ökonomisch lässt sich die mangelnde Ergebnisorientierung der Forschungsprämie zwar diskutieren,[5] doch als Ergänzung zu direkten Fördervehikeln könnte sie allemal argumentierbar sein.

Und auch im Gesundheitssektor würde man etwas tun müssen. Ob man aber Nachteile aus der Umsetzung einer EU-Richtlinie drei Jahrzehnte lang mit der GSBG-Förderung zudecken muss, kann man schon diskutieren. Schließlich sind Gesundheitsleistungen auch in anderen Ländern nur unecht umsatzsteuerbefreit.

Grafik: So würde das Förderwesen in Österreich nach der Reform aussehen

Abbildung 5: Reformvorschlag


Fußnoten

  1. Budgetdienst (2025a).
  2. Europäische Kommission (2024).
  3. Budgetdienst (2025b).
  4. https://www.agenda-austria.at/grafiken/oesterreich-an-der-spitze-bei-den-sozialausgaben/
  5. Vgl. z.B. OECD (2023).
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