Die guten Nachrichten zum Equal Pay Day
- 16.02.2022
- Lesezeit ca. 3 min
Die Kluft wird kleiner. Viel liegt an den Frauen selbst
Zwei Mal pro Jahr macht der Equal Pay Day auf die unfaire Bezahlung von Frauen aufmerksam. Dafür werden die Gehälter vollzeitbeschäftigter Frauen mit jenen von vollzeitbeschäftigten Männern verglichen. Das Ergebnis sorgt auch in diesem Jahr für Empörung: Nach wie vor verdienen Frauen deutlich weniger als Männer. Doch es lohnt sich, etwas genauer hinzusehen. Es gibt nämlich nicht nur schlechte Nachrichten: Der „Gender Pay Gap“ wird immer kleiner. Lag er im Jahr 2004 noch bei 22,5 Prozent, ist er in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Dazu kommt: Für die noch bestehende Kluft gibt es auch ein paar Gründe, die nichts mit Diskriminierung zu tun haben. Denn natürlich sollte man keinen vollzeitbeschäftigten Facharbeiter mit einer vollzeitbeschäftigten Kassiererin vergleichen – sondern nur Arbeitnehmer mit ähnlichen Job-Profilen.
Und hier zeigt sich, dass die Frauen selbst einiges tun könnten, um den Gender Pay Gap weiter zu schließen. Zum Beispiel arbeiten viele Frauen in schlechter bezahlten Branchen wie etwa dem Gesundheits- und Sozialbereich. Außerdem sind sie häufig in kleineren Betrieben beschäftigt, die tendenziell weniger bezahlen. Im Jahr 2019 arbeiteten nur 36 Prozent aller erwerbstätigen Frauen in Betrieben mit 50 und mehr Personen. Bei den Männern waren es 45 Prozent. Auch die Kompetenzen sind unterschiedlich verteilt: Es gibt zwar mehr weibliche als männliche Hochschulabsolventen, trotzdem besitzen Frauen seltener gut bezahlte numerische Fähigkeiten, die etwa in IT-Berufen gefragt sind. Ein besonders wichtiger Punkt bleibt die Kindererziehung: Nach wie vor gehen nur sehr wenige Männer in Elternkarenz. Und das Angebot an ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen ist in großen Teilen Österreichs noch immer schlecht ausgebaut.
Wenn man all dies im Gender Pay Gap berücksichtigt, wird er noch einmal um einige Prozentpunkte geringer. In diesem unbereinigten Teil kann natürlich auch Diskriminierung eine Rolle spielen. Hier ist weitere Forschung notwendig, um die tatsächliche Benachteiligung von Frauen besser einzuschätzen. Aber die jetzt beklagten 12,7 Prozent ignorieren ein paar wichtige Fakten und stellen das Problem größer dar, als es ist.
Besser wäre es, die Frauen umfassend darüber zu informieren, warum sie derzeit schlechter verdienen und wie sie das ändern können. Natürlich soll niemand in ein berufliches Umfeld gedrängt werden, das ihn oder sie nicht reizt. Auch die Aufteilung der familiären Pflichten muss eine private Entscheidung bleiben. Aber schon den kleinen Mädchen und Buben muss klar gemacht werden, dass ihnen alle Berufe offen stehen. Der Gender Pay Gap wird kleiner. Der Staat könnte einiges dazu beitragen, ihn weiter schrumpfen zu lassen, etwa mit dem Ausbau der Kinderbetreuung. Auch die Frauen selbst sind gefragt: Sie können den Gehaltsunterschied zu den Männern kleiner machen – oder sich bewusst entscheiden, das nicht zu tun.
Gastkommentar von Heike Lehner für den “Kurier” (16.02.2022).
Mehr interessante Themen
Opfer oder Heldin? Ein Q&A zum Weltfrauentag
Am 8. März jährt sich zum 113. Mal der Internationale Weltfrauentag. Eingeführt wurde dieser Jahrestag auf Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Damals ging es um den Kampf für das Frauenwahlrecht, die Gleichberechtigung und die Emanzipation.
Wie die Gehaltslücke weiter schrumpfen kann
Der heutige Valentinstag steht nicht nur im Zeichen der Liebe, sondern auch im Zeichen der Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen. Der Equal Pay Day bietet jährlich Gelegenheit, die scheinbar verheerende Gehaltsdiskrepanz zu thematisieren.
Warum sich länger arbeiten für Frauen auszahlt
Am 4. August ist Equal Pension Day. Also jener Tag, an dem Männer seit Jahresbeginn bereits so viel Pension erhalten haben, wie Frauen in diesem Jahr insgesamt ausgezahlt bekommen werden. Dieser Unterschied wird auch als Gender Pension Gap bezeichnet und beträgt in Österreich laut Berechnungen der Stadt Wien 40,5 Prozent.
Weltfrauentag: Die Teilzeitfalle schnappt zu
Der Weltfrauentag am 8. März ist alljährlich ein Anlass, Bilanz über die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen zu ziehen. Bekannt ist, dass Kinder Frauen in Teilzeit bringen und diese durch lange Karenzzeiten Einkommen verlieren. So steigt die Teilzeitquote von Frauen mit der Geburt eines Kindes erheblich an, während der Anteil von M
Nicht nur Mütter arbeiten Teilzeit
Kinder bringen Frauen in Teilzeit. So steigt die Teilzeitquote von Frauen mit der Geburt eines Kindes erheblich an, während der Anteil von Männern mit Kindern in Teilzeit sogar unter jenem von Kinderlosen liegt. Interessant ist aber auch, dass nahezu die Hälfte der kinderlosen Frauen zwischen 45 und 54 Jahren Teilzeit arbeitet, wie eine Auswertu
Mehr arbeiten? Nicht mit uns! In Österreich fließen Milch und Honig
Hierzulande wird verdrängt, dass wir uns in einem Wirtschaftskrieg befinden. Mit einer Vier-Tage-Woche im Home-Office werden wir diesen nicht gewinnen.