Wer braucht schon die Mitte?
- 29.01.2023
- Lesezeit ca. 4 min
Sozialstaat und Mittelschicht – eine Symbiose
Wie bereits dargelegt, führt eine breite Mittelschicht meist zu einer geringen Einkommensungleichheit in der Bevölkerung. Eine breite Mitte ist oftmals auch ein Indiz für einen stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt in einem Land.[1] Auch die Einkommensmobilität profitiert von der Breite und Durchlässigkeit der Mittelschicht.
Wesentlichen Einfluss auf die Durchlässigkeit hat dabei der Sozialstaat. Die Progression bei den Steuern und Abgaben entscheidet darüber, wie stark sich höhere Löhne letztlich in verfügbaren Haushaltseinkommen niederschlagen. Auf der anderen Seite unterstützt der Staat die Bürger mit Geld und Sachleistungen und erhöht damit bei den Empfängern dieser Transfers das verfügbare Einkommen und die Gestaltungsmöglichkeiten. Ein wichtiger Financier des Sozialstaates ist dabei die Mittelschicht selbst. In Österreich übersteigen die direkten Steuern und Abgaben dieser Gruppe die monetären Transferleistungen des Staates.[2] Mit anderen Worten: Die Mitte zahlt sich ihre Sozialleistungen nicht nur selbst, es bleibt sogar noch etwas für die Ärmeren übrig.
Etwas differenzierter wird das Bild, wenn auch indirekte Steuern und Sachleistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung berücksichtigt werden. In Summe bleibt die Mittelschicht zwar auch bei dieser Betrachtung Nettozahler. Der unterste Teil der Mitte (75 bis 100 Prozent des mittleren Einkommens) wird dann allerdings zu Nettoempfängern. Der Sozialstaat hilft also die Mitte zu stärken. Der Staat selbst profitiert wiederum von den Einnahmen aus der Mittelschicht.
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