Der Konflikt um den aktuellen Haushalt
- 13.11.2018
- Lesezeit ca. 2 min
Die Situation in Italien hat sich nun politisch zugespitzt. Eine neue Regierung aus links- und rechtspopulistischen Parteien ist seit dem Frühjahr an der Macht.
Der im September vorgestellte Budgetplan der Regierung wurde von der EU-Kommission abgelehnt, weil er deutlich gegen die Regeln des europäischen Fiskalpaktes verstößt. Die italienische Regierung allerdings hat bis zuletzt einen „Haushalt des Volkes“ mit höheren Ausgaben und Steuersenkungen verteidigt. So wurden etwa Maßnahmen zurückgefahren, die die hohen Kosten im Pensionsbereich langfristig ein wenig gedämpft hätten.
Unterdessen hat sich das Misstrauen der Investoren an den Märkten deutlich bemerkbar gemacht. Der „Spread“, der Zinsaufschlag auf italienische Staatsanleihen gegenüber deutschen, der von den Investoren aufgrund des größeren Ausfallsrisikos gefordert wird, ist auf mehr als drei Prozentpunkte gestiegen, was eine ernste Gefahr für die langfristige Schuldentragfähigkeit darstellt.
Mehr noch, im Vergleich zu 2010 ist in Italien auch die Verbindung zwischen Staats- und Bankschulden enger geworden – ein Teufelskreis. Laut Zahlen des IIF ist bereits gut ein Viertel der öffentlichen Schulden in den Bilanzen der lokalen Banken. Die Gefahr, dass ein sichtbares Misstrauen in die öffentlichen Finanzen auch die italienischen Banken treffen wird, ist also höher als noch 2010. Die Europäische Zentralbank mit ihrer anhaltend ultralockeren Geldpolitik ist bis dato wohl jene Institution, die stärkere Reaktionen an den Finanzmärkten verhindert hat.
Nichtsdestotrotz notieren Bankaktien, gemessen am FTSE Italia Bank Index, um knapp 35 Prozent niedriger als noch im Mai 2018.
Im Jahr 2017 lag Italiens Schuldenstand bei 131,8 Prozent des BIP, wobei im Vergleich zu 2016 ein nur geringer Rückgang zu verzeichnen war. Damit hat die Kommission wie schon oft in der Vergangenheit beide Augen zugedrückt, liegt doch der Schuldenrückgang von 2016 auf 2017 immer noch weit unter jenem Wert, den die europäischen Regeln eigentlich vorschreiben. Die Europäische Kommission rechnete bis zuletzt damit, dass sich dieser Trend auch im Jahr 2018 fortsetzen wird, und prognostizierte einen weiteren Schuldenrückgang um einen Prozentpunkt.
Die Auseinandersetzung zwischen Rom und Brüssel zeigt aber auch, dass die Eurozone in Sachen Fiskalregeln noch immer Reformbedarf hat. Die zunehmende Komplexität des Systems durch Ausnahmeregelungen hat den Stabilitätspakt unbrauchbar gemacht.[1] Folgenlose Verletzungen haben zudem die Glaubwürdigkeit beschädigt und den Pakt für Populisten wie aus Italien angreifbar gemacht. Statt noch mehr politischem Streit braucht es Automatismen und klare, bindende Regeln, die etwa auf das staatliche Ausgabenwachstum abzielen, um Spielräume für Krisenzeiten zu schaffen.
Der politische Streit samt Unsicherheit auf den Kapitalmärkten hat jedenfalls bereits ihren Tribut gefordert. Die Wachstumsprognosen für Italien wurden zuletzt von mehreren Institutionen (so etwa der EU-Kommission in ihrer Herbstprognose) gesenkt.
Italiens Wirtschaft dürfte 2019 real nur noch um 1,2 Prozent wachsen, dafür werde das Defizit angesichts der Versprechungen der Regierung auf 2,9 Prozent des BIP steigen. Damit liegt Italien in Sachen Wirtschaftswachstum aber noch um 0,7 Prozentpunkte hinter dem Eurozonendurchschnitt. Außerdem dürfte der höhere Zinsaufschlag (Spread) an den Kapitalmärkten weitere Auswirkungen auf die Konjunktur mit sich bringen. Die aktuellen Einkaufsmanagerindizes deuten auf einen Rückgang der Wirtschaftsaktivität hin, im dritten Quartal dürfte die italienische Volkswirtschaft laut erster Eurostat-Schätzung stagnieren.
Italiens selbstzerstörerisches Schuldenmachen
In der europäischen Schuldenkrise kritisierten viele Ökonomen die selbstzerstörerische Sparpolitik in der Eurozone. Einsparungen und Steuererhöhungen, so die Argumentation, würden die Wirtschaft derart in die Knie zwingen, dass zwar das Defizit geringer ausfällt, die Wirtschaftsleistung aber noch stärker sinkt. In Italien sieht man aber, dass die Höhe der Schulden sehr wohl ein Argument für Sparpolitik ist. Denn dort könnte nun das Gegenteil des „selbstzerstörerischen Sparens“ zu beobachten sein, wie Olivier Blanchard und Jeromin Zettelmayr jüngst in einem Beitrag skizzierten. Eine „selbstzerstörerische Großzügigkeit“ der italienischen Regierung könnte nun so etwas wie einen Worst Case für die italienische Volkswirtschaft auslösen, eine wachstumsfeindliche Ausweitung der Staatsverschuldung.[2]
Wenn die Abkehr von einer Budgetkonsolidierung der öffentlichen Haushalte die Zinsen an den Märkten weiter ansteigen lässt, belastet das die Wirtschaft derart stark, dass der positive Effekt höherer Staatsausgaben und niedrigerer Steuern verpufft. Am Ende macht der italienische Staat neue Schulden, ohne die Wirtschaft zu stimulieren. Dies erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit einer finanziellen Krise, die auch auf den noch immer anfälligen Bankenmarkt übergreifen könnte.
Mehr interessante Themen
Bildungskarenz: Ich bin dann mal weg!
Die Bildungskarenz war eine gute Idee, erfüllt aber nicht die von der Politik gesetzten Ziele – und wird immer teurer. An einer grundlegenden Reform führt kein Weg vorbei.
Die Schuldenbombe tickt: Wird Österreich das neue Italien?
Mehr als ein Jahrzehnt lang konnten sich Staaten kostenlos verschulden, die Zinsen lagen praktisch bei null. Damit sollten den Staaten Zeit erkauft werden, sich nach der Finanzkrise zu modernisieren. Statt diese Zeit aber für Reformen zu nutzen, wurde das vermeintliche Gratisgeld mit beiden Händen ausgegeben. Österreich muss seinen Ausgabenrausc
Was die Preise in Österreich so aufbläht
Die Inflation in Österreich hält sich hartnäckig. Fast acht Prozent waren es im Jahr 2023. Für das Jahr 2024 werden vier Prozent vorhergesagt. Während viele andere Länder schon aufatmen können, ist die Inflationskrise für uns also noch nicht vorbei. Warum tut sich gerade Österreich so schwer? Wir prüfen drei Thesen.
Balken, Torten, Kurven Zweitausenddreiundzwanzig
Die Zeit der Lockdowns und Ausgangssperren war vorbei, die Wirtschaft zeigte sich nach den verheerenden Corona-Jahren in bester Laune, nur die hohe Teuerung hat uns die gute Stimmung verdorben (vom Finanzminister einmal abgesehen – der freute sich).
E-Government: „Hobn’S kan Ausweis?“
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.
Budget 2024: Das Land des immerwährenden Defizits
Eigentlich müsste Magnus Brunner (ÖVP) der glücklichste Finanzminister der Zweiten Republik sein. War die erste Budgetrede noch von der Corona-Krise und den damit einhergehenden Hilfspaketen geprägt, dominiert mittlerweile die Teuerung. Was für die privaten Haushalte für wenig Begeisterung sorgt, füllt die Staatskassen im Rekordtempo. Ohne Z