Österreich, Land der Bildungsaufsteiger
- 31.03.2016
- Lesezeit ca. 3 min
Marie, Kevin und Bülent haben zwar nicht dieselben Chancen. Aber deutlich bessere als immer wieder behauptet.
In welchem Ausmaß gelingt es jungen Menschen, einen höheren Bildungsstand als ihre Eltern zu erreichen? Dies gilt als zentrale Frage für die soziale Durchlässigkeit eines Bildungssystems. Ein wichtiger Maßstab dafür ist die Bildungsmobilität zwischen den Generationen: In der öffentlichen Meinung und in vielen Studien wird für Österreich eine sehr geringe Bildungsmobilität und damit ein hoher Einfluss des familiären Hintergrundes auf die Bildungschancen der Kinder festgestellt. Aber trifft dies tatsächlich zu? Wird Bildung in Österreich quasi vererbt?
In unserer neuen Studie “Österreich, Land der Bildungsaufsteiger”, die Sie hier downloaden können, werden die gängigsten Analysen und internationalen Vergleiche dargestellt, kritisch hinterfragt und durch eigene Analysen ergänzt. Ihr Ziel besteht darin, die immer wieder vorgebrachte Behauptung einer sehr geringen Bildungsmobilität eingehend zu überprüfen. Denn mit der angeblich sehr hohen „Bildungsvererbung“ werden die unterschiedlichsten bildungspolitischen Forderungen begründet: Mehr Geld für Schulen, Universitäten oder insgesamt für „Bildung“, gegen Studiengebühren, für die gemeinsame Schule, etc. Ein genauer Blick auf die Bildungsmobilität soll die Akteure dazu bewegen, ihre Forderungen konkret und sachlich zu begründen, anstatt pauschal dieses eine Argument in den Vordergrund zu stellen.
Hohe Mobilität im österreichischen Bildungssystem
Die Ergebnisse der Studie zeigen: Entgegen der herrschenden Auffassung gibt es ausreichende und wissenschaftlich fundierte Belege für eine insgesamt hohe Mobilität im österreichischen Bildungssystem. Dies zeigt sich sowohl in hohen Mobilitätsraten bezüglich der allgemeinen Aufstiegsmobilität, als auch in einem hohen Anteil von Studienanfängern an Universitäten und Fachhochschulen aus eher bildungsfernen Schichten. Auch im internationalen Vergleich bestätigt sich, dass die Bildungsmobilität in Österreich erstaunlich hoch und die sogenannte „Bildungsvererbung“ damit vergleichsweise gering ist. Das österreichische Bildungssystem zählt in dieser Hinsicht zur Gruppe der besten, weil flexibelsten in Europa:
Lediglich in einem der untersuchten Indikatoren gibt es eine Schwachstelle, auf die die Aufmerksamkeit für Reformen zu lenken ist. Die Bildungsmobilität in Bevölkerungsschichten mit sehr niedrigem Bildungshintergrund (maximal Pflichtschule) scheint im Vergleich mit anderen europäischen Ländern derzeit unterentwickelt.
Frühkindliche Ausbildung aufwerten
Die Agenda Austria leitet aus den Studienergebnissen folgende Empfehlungen ab:
- Die frühkindliche Ausbildung spielt eine Schlüsselrolle für eine höhere soziale Mobilität und sollte daher aufgewertet werden:
- Verbindliche, bundesweite Mindeststandards für Ausbildung des Personals und Betreuung der Kinder,
- gesicherte finanzielle Basis für mehr Elementarbildung durch einen aufgabenorientierten Finanzausgleich zwischen Bund und Gemeinden,
- akademische Ausbildung für Elementarpädagogen,
- flächendeckendes Bildungs- und Betreuungsangebot in ganz Österreich.
- Die Bildungsforschung zur Mobilität verbessern und Stärken identifizieren,
- die vorhandene Stärke „Berufsbildung“ modernisieren und ausbauen.
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