Neue Studie: Heiße Fakten zur kalten Progression
- 16.06.2016
- Lesezeit ca. 3 min
Die neueste Studie der Agenda Austria zeigt, wie viel Geld die Arbeitnehmer und Pensionisten in den nächsten Jahren durch die kalte Progression verlieren. Die automatische Anpassung des Steuersystems an die Inflation ist der beste Weg, die Kaufkraft der Bevölkerung zu stärken.
Nach der Steuerreform freuen sich die Österreicher, dass auf ihrem Lohnzettel endlich mehr Netto vom Brutto aufscheint. Gut so. Nur wird dieser Effekt nicht sehr lang anhalten. Schuld daran ist die kalte Progression, die in Österreich endlich abgeschafft werden sollte, wie Dénes Kucsera und Hanno Lorenz in ihrer neuen Studie “Heiße Fakten zur kalten Progression” argumentieren. Und zwar, indem sich das Steuersystem – Lohnsteuerstufen, Absetzbeträge, Sozialabgaben – jährlich automatisch an die Inflation anpasst, so wie dies in der Schweiz der Fall ist.
Die kalte Progression entsteht, wenn die Arbeitgeber die Einkommen der Bürger an das steigende Preisniveau anpassen, um so die Kaufkraft der Beschäftigten zu sichern. Die Arbeitnehmer verdienen real nicht mehr – sie zahlen aber höhere Steuern, weil das Steuersystem nicht um die Inflation korrigiert wird.
Geringverdiener stärker betroffen
Ein Arbeitnehmer, der 30.000 Euro brutto pro Jahr verdient, zahlt heuer 2.528 Euro an Lohnsteuer. Wird sein Lohn um die Inflation angehoben, zahlt er 2021 dann 3.227 Euro Steuer, um 699 Euro mehr als heute – und das, obwohl seine Kaufkraft nicht gestiegen ist. Würden auch die Einnahmen des Finanzministers um die Inflation korrigiert, müsste der Arbeitnehmer nur 233 Euro mehr Lohnsteuer zahlen – eine Differenz von 466 Euro allein für das Jahr 2021.
Hier geht es um einen Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen Gehalt. “Nicht zu vergessen ist auch, dass die kalte Progression prozentuell gesehen Geringverdiener noch stärker betrifft als Gutverdiener”, erklärt Studienautor Hanno Lorenz. Dies zeigt folgende Grafik:
Wer also um die 17.500 Euro brutto pro Jahr verdient, ist von der kalten Progression relativ am stärksten betroffen.
Steuersystem an Inflation anpassen
In vielen OECD-Ländern gibt es einen Ausgleich zur kalten Progression. In der Schweiz passt sich das Steuersystem jedes Jahr automatisch an die Inflation an. Aus Sicht der Agenda Austria ist die Einführung der Schweizer Lösung überfällig.
Was sagen nun Politik und Sozialpartner zu dieser Frage? Das Finanzministerium, die Arbeiterkammer und der ÖGB wollen die Steuertarife zwar auch an die Inflation anpassen – aber erst, nachdem diese kumuliert mehr als fünf Prozent erreicht hat. Das kann in Österreich mehrere Jahre dauern.
“Dieser Vorschlag des Finanzministeriums würde Arbeitnehmer und Pensionisten bis 2021 im Durchschnitt aber immer noch fast 600 Euro kosten”, so Dénes Kucsera. Die Agenda Austria meint daher, dass die Österreicher, so wie die Schweizer, zur Gänze von der kalten Progression verschont werden sollten.
Mehr noch: Das Steuersystem sollte sich am besten auch automatisch an die Reallohnentwicklung anpassen, so wie dies in Schweden der Fall ist. Nur so wird auch die Steuerbelastung aller gemessen am Einkommen konstant gehalten. Und es wäre sichergestellt, dass der Faktor Arbeit nicht noch teurer wird – wofür ja nach außen hin alle sind.
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